SBTi: Wissenschaftsbasierte Klimaziele für Unternehmen
„Wir reduzieren unsere CO₂-Emissionen!“ – Diese Ankündigung gehört längst zum Standardrepertoire vieler Unternehmenskommunikation. Doch zwischen ambitionierten Absichtserklärungen und tatsächlich wirksamen Klimaschutzmaßnahmen liegen oft Welten. Die entscheidende Frage lautet: Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Klimastrategie nicht nur gut gemeint, sondern auch gut gemacht ist?
Die Antwort bietet die Science Based Targets initiative (SBTi) – ein wissenschaftlich fundierter Ansatz, der Klimaversprechen in messbare und überprüfbare Ziele verwandelt. SBTi markiert damit eine neue Ära der Unternehmensverantwortung und schafft die Grundlage für glaubwürdige und transparente Klimastrategien.
Was ist die Science Based Targets initiative (SBTi)?
Die Science Based Targets initiative (SBTi) ist eine globale Initiative, die Unternehmen dabei unterstützt, wissenschaftlich fundierte Klimaziele zur CO2-Reduktion festzulegen. Sie wurde von CDP, dem UN Global Compact, dem World Resources Institute (WRI) und dem WWF gegründet und bietet einen anerkannten Standard für die Festlegung und Validierung von Emissionsreduktionszielen. Das Besondere: Diese Ziele werden so gestaltet, dass sie mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens übereinstimmen. Die SBTi legt damit einen klaren Rahmen für Unternehmen fest, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren und so einen messbaren Beitrag zum globalen Klimaschutz zu leisten.
Warum sollten Unternehmen auf SBTi setzen?
Eine SBTi-validierte Klimastrategie bietet Unternehmen zahlreiche Vorteile. Durch die wissenschaftliche Fundierung erhalten Unternehmen verlässliche Ziele, die auf aktuellen Erkenntnissen basieren und an globalen Klimazielen ausgerichtet sind. Dies schafft Planungssicherheit und ermöglicht eine strategische Herangehensweise an Klimaschutzmaßnahmen.
Gleichzeitig erfüllen Unternehmen mit SBTi-validierten Zielen die zunehmenden regulatorischen Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit. Dies wird insbesondere vor dem Hintergrund strengerer Berichtspflichten wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) immer wichtiger. Die CSRD verpflichtet große Unternehmen explizit zur Offenlegung von Klimazielen, die idealerweise wissenschaftsbasiert sein sollten. Eine ambitionierte Klimastrategie kann zudem die Marktposition stärken und neue Geschäftschancen eröffnen, da immer mehr Geschäftspartner und Kunden Wert auf nachhaltige Lieferketten legen.
Investoren, Kunden und andere Stakeholder erwarten zunehmend glaubwürdige Klimaschutzbemühungen. Mit einem SBTi-validierten Ansatz signalisieren Unternehmen ihre Ernsthaftigkeit und schaffen Vertrauen. Der validierte SBT-Reduktionspfad bietet darüber hinaus eine verlässliche Grundlage für langfristige Investitionsentscheidungen und hilft, Greenwashing-Vorwürfe durch externe Validierung zu vermeiden (Green Claim).
Was unterscheidet SBTi von anderen Dekarbonisierungsansätzen?
Wissenschaftliche Validierung als Alleinstellungsmerkmal
Im Gegensatz zu anderen Ansätzen zeichnet sich SBTi durch die wissenschaftliche Prüfung und globale Zielausrichtung aus. Es bietet konkrete Reduktionspfade für alle Emissionsbereiche und einheitliche Standards für Nachhaltigkeitsberichte.
Offizielle Validierung und hohe Glaubwürdigkeit
Die Möglichkeit der offiziellen Validierung durch die SBTi verleiht Unternehmen zusätzliche Glaubwürdigkeit. Dies ist entscheidend, um Greenwashing-Vorwürfe zu vermeiden und echte, messbare Fortschritte glaubhaft zu kommunizieren.
Welche Scopes werden bei SBTi betrachtet?
Die SBTi-Methodik umfasst alle relevanten Emissionsbereiche eines Unternehmens. Unter Scope 1 fallen direkte Emissionen aus unternehmenseigenen oder kontrollierten Quellen, wie die Verbrennung in eigenen Anlagen oder der Fuhrpark. Scope 2 umfasst indirekte Emissionen aus der Erzeugung von eingekaufter Energie, sei es Strom, Wärme oder Kühlung. Besonders bedeutsam ist Scope 3, der alle anderen indirekten Emissionen in der Wertschöpfungskette einschließt. Hierzu zählen eingekaufte Waren und Dienstleistungen, Geschäftsreisen und die Produktnutzung.
Scope-3-Emissionen machen in vielen Unternehmen den größten Anteil der gesamten Emissionen aus. Aktuell sind Unternehmen verpflichtet, Scope-3-Ziele festzulegen, wenn diese mindestens 40 % der Gesamtemissionen ausmachen. Die Bilanzierung erfolgt nach dem Greenhouse Gas Protocol und erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten (Lieferantenrating) und Kunden, um effektive Reduktionsmaßnahmen umzusetzen.
Der Weg zu SBTi-validierten Klimazielen
Der Prozess zur Entwicklung und Validierung von Science-Based Targets ist ein mehrstufiger Weg, der mit einer umfassenden CO2-Bilanzierung beginnt. Hier werden Emissionsdaten für alle drei Scopes erhoben und analysiert, um eine solide Grundlage für die weiteren Schritte zu schaffen. Darauf aufbauend werden die wesentlichen Emissionsbereiche und Handlungsfelder identifiziert, wodurch Unternehmen ihre Transformationsbereiche klar erkennen können.
Im nächsten Schritt erfolgt die Systemabgrenzung, bei der die Unternehmensgrenzen in den branchenspezifischen SBTi-Standard eingeordnet werden. Dies ist wichtig, da verschiedene Branchen unterschiedliche Anforderungen und Benchmarks haben. Anschließend wird das geeignete Validierungsmodell ausgewählt und zur Prüfung eingereicht. Basierend auf den Ergebnissen können Unternehmen konkrete Reduktionspfade und Maßnahmen definieren, die ihren spezifischen Bedingungen und Möglichkeiten entsprechen.
Zusätzlich ist eine jährliche Fortschrittsberichterstattung erforderlich, um sicherzustellen, dass Unternehmen ihre SBTi-Ziele konsequent verfolgen und transparent kommunizieren.
Netto-Null vs. SBTi – Was ist der Unterschied?
Die Konzepte „Netto-Null“ und SBT werden oft in einem Atemzug genannt, haben jedoch unterschiedliche Schwerpunkte. Während das Netto-Null-Konzept darauf abzielt, alle verbleibenden Emissionen durch CO2-Entnahme auszugleichen, definiert die SBTi wissenschaftsbasierte CO2-Reduktionsziele, um Unternehmen auf den Netto-Null-Pfad zu bringen. Die SBTi stellt also den konkreten Weg dar, wie Unternehmen ihre Netto-Null-Ambitionen wissenschaftlich fundiert umsetzen können.
Dabei ist der SBTi Net-Zero Standard besonders relevant. Unternehmen müssen nicht nur kurzfristige Reduktionsziele setzen, sondern auch langfristige Netto-Null-Ziele bis spätestens 2050 validieren lassen. Der Fokus liegt primär auf realen Emissionsreduktionen in der gesamten Wertschöpfungskette, bevor Kompensationsmaßnahmen in Betracht gezogen werden.
Die Rolle von EcoVadis in der nachhaltigen Unternehmensführung
Neben der Festlegung wissenschaftsbasierter Klimaziele spielt auch die Bewertung und Transparenz der gesamten Nachhaltigkeitsstrategie eine entscheidende Rolle für Unternehmen. Hier kommt EcoVadis ins Spiel – eine weltweit anerkannte Plattform zur Bewertung von Nachhaltigkeitsleistungen in den Bereichen Umwelt, Arbeits- und Menschenrechte, Ethik sowie nachhaltige Beschaffung. EcoVadis bietet eine umfassende Analyse der Nachhaltigkeitspraktiken eines Unternehmens und liefert eine objektive Bewertung anhand internationaler Standards wie der Global Reporting Initiative (GRI) und des UN Global Compact.
Für Unternehmen mit SBTi-validierten Klimazielen bietet eine EcoVadis-Bewertung eine wertvolle Ergänzung. Sie ermöglicht es, die Klimastrategie nicht nur intern zu steuern, sondern auch extern nachweisbar zu machen und gegenüber Stakeholdern glaubwürdig zu kommunizieren. Dies ist insbesondere für Unternehmen mit komplexen Lieferketten relevant, da EcoVadis auch Zulieferer hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitspraktiken bewertet. So können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Klimastrategie nicht nur isoliert betrachtet, sondern als Teil eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatzes in der Wertschöpfungskette umgesetzt wird.
Eine hohe EcoVadis-Bewertung kann zudem die Marktchancen eines Unternehmens verbessern. Kunden und Geschäftspartner achten zunehmend auf zertifizierte Nachhaltigkeitsnachweise bei der Auswahl ihrer Lieferanten. In Kombination mit SBTi-validierten Klimazielen entsteht so ein starkes Signal für verantwortungsbewusstes Wirtschaften und nachhaltige Unternehmensführung.
Zusammenfassung
Die Science Based Targets initiative bietet Unternehmen einen wissenschaftlich fundierten Rahmen, um ihre Klimaschutzbemühungen mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen. Durch die Entwicklung und Validierung von SBTi-konformen Reduktionszielen können Unternehmen nicht nur einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und regulatorische Anforderungen erfüllen.
Wie die Raupe zum Schmetterling durchläuft auch die Wirtschaft eine Transformation. Mit wissenschaftsbasierten Klimazielen (Science Based Targets initiative, SBTi) gestalten Unternehmen ihren Weg zu ihren Klimazielen. (Grafik: RITTWEGER + TEAM GmbH)
Modell zur Abbildung der Dekarbonisierung von Unternehmen und Wirtschaftsprozessen unter Berücksichtigung der energiebedingten THG-Emissionen im Kontext der 1,5-Grad- und 2-Grad-Ziele des Pariser Klimaabkommens sowie der Transformation von Materialstoffströmen hin zu einer CO₂-Senke.
(© RITTWEGER und TEAM GmbH)
Prozessdarstellung unserer Vorgehensweise für die Einreichung bei der SBTi.
(© RITTWEGER und TEAM GmbH)
Gut zu Wissen. (FAQ)
Was sind die Vorteile der Festlegung eines wissenschaftsbasierten Ziels?
Die Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Einklang mit der Klimawissenschaft ist sowohl für den Planeten als auch für Unternehmen vorteilhaft. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage von We Mean Business gaben mehr als drei Viertel (79 %) der Unternehmensleiter an, dass wissenschaftsbasierte Ziele (SBTs) Unternehmen helfen, spezifische Zeitpläne einzuhalten. Dieses Ergebnis zeigt den Wert von SBTs für Unternehmen, die ihre Dekarbonisierungsbemühungen beschleunigen möchten.
Was sind die Ziele der SBTi?
Die SBTi mobilisiert den privaten Sektor, eine führende Rolle beim dringenden Klimaschutz zu übernehmen. Sie ermöglicht es Unternehmen und Finanzinstituten zu verstehen, wie viel und wie schnell sie dekarbonisieren müssen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Wir bieten Klarheit und Anleitung für verschiedene Sektoren, einschließlich Forstwirtschaft, Land- und Landwirtschaft (FLAG), Stahl, Zement, Schifffahrt, Finanzen und mehr. Im Jahr 2021 führte die SBTi den weltweit ersten Corporate Net-Zero Standard ein, um sicherzustellen, dass die Netto-Null-Ziele von Unternehmen mit dem Erfordernis übereinstimmen, spätestens bis 2050 Netto-Null zu erreichen.